Nahe ihrem Haus am Frankfurter Berg hat Julia Auer von der Stadt Frankfurt einen Garten gepachtet, den sie seit 2017 nach den Prinzipien der Hortus-Bewegung umwandelt. Gemeinsam mit der Klimawerkstatt öffnete sie vergangenen Dienstag die Tore ihres kleinen Gartenparadieses, um interessierten Besuchern einen Einblick in naturnahes Gärtnern zu geben.
Neun Gartenfreunde waren trotz des regnerischen Wetters in den Rotdornweg gekommen, um sich zunächst am Haus über die neue Form des Hortus-Gärtnerns zu informieren. „Ich gärtnere bereits seit langem nach den Prinzipien der Permakultur“, erzählt die engagierte Naturgärtnerin und Permakultur-Designerin bei ihrem kleinen Vortrag. Sie hat einige Jahre in den USA gelebt und gemeinsam mit ihrem Mann, den sie dort kennenlernte, einen Selbstversorgergarten betrieben. Zurück in Frankfurt wollte sie natürlich weitergärtnern. „Als wir in unser jetziges Haus zogen, hatte uns der Vorbesitzer eine gute Infrastruktur hinterlassen“, sagt Auer. „Dazu gehören ein Garten, unsere ‚Ertragszone‘ mit Gewächshaus, viele Beete und ein schöner Kiwi-Baum, der reichlich Früchte trägt.“ Unter der Überdachung der Terrasse ringeln ein Traubenstock und Hopfen um die Wette und im Garten gibt es fast ausschließlich Beete zu sehen. Dort wachsen dicht an dicht Kohl, Mangold, Salat, Sellerie und anderes Gemüse. Getrennt werden die Reihen durch kleine „Würste“ aus Heu. Warum dies so ist, sollen wir später erfahren.
Ein Drei-Zonen-Garten
Nach dem Theorieteil, bei dem wir etwas über Markus Gastl, den Gründer der Hortus-Bewegung erfahren, geht es in die Praxis. Der wilde Naturgarten, den die gebürtige Frankfurterin „Hortus Nucis“, lateinisch für „Nussgarten“, nennt, liegt rund 300 hundert Meter vom Haus entfernt direkt an den Bahngleisen. Auf dem großen Grundstück stehen neben dem Namensgeber, einem eindrucksvollen Wallnussbaum, zwei Gartenhütten und ein alter Bauwagen. „Den Wagen hat der Knöterich erobert. Dort lebt jetzt ein Rotkehlchen“, freut sich Auer. Rund 350 Brombeersträucher habe sie ausgegraben, um das Gelände wieder urbar zu machen, sagt sie. Ganz im Sinne des Hortus-Prinzips will Auer einen Drei-Zonen-Garten anlegen. „Am Rand wird es eine Pufferzone geben, die den Garten gegen schädliche Einflüsse von außen schützt. Dort werde ich anstelle der üblichen Thuja- und Kirschlorbeerhecken, die von Wildtieren meist gemieden werden und nur wenig Nahrung bieten, einheimische Büsche wie Kornelkirsche, Faulbaum und Schlehe anpflanzen“, erläutert sie ihre Vorgehensweise.
In der sogenannten Hotspot-Zone soll im Frühjahr eine Magerwiese entstehen, auf der Wildblumen und Stauden gedeihen, die Insekten aller Art Nahrung bieten. Dafür will die Naturgärtnerin eigens die oberste Erdschicht abtragen und den Boden mit Sand „mager“ machen. In der inneren „Ertragszone“ soll schließlich auf einem humosen Boden in Hochbeeten Gemüse angebaut werden – ein perfekter Kreislauf also.
Steinpyramide und Käferburg
Neben dem interessanten Vortrag über das ungewöhnliche Gartenkonzept gibt es viele Objekte in dem wildwüchsigen Garten zu entdecken. So sehen wir neben einem kleinen Teich die für einen Hortus-Garten typische Steinpyramide. Dort sollen sich kleine Tiere verstecken und Molche überwintern, hofft Auer. Das in der Nähe stehende Gebilde, das ein wenig wie ein Indianertipi aus Ästen aussieht, entpuppt sich als Käferburg. In dessen Mitte hat Auer ein Loch ausgehoben und Totholz hineingelegt. Das sei eine perfekte Kinderstube für Käfer, sagt sie. Ein weiteres Objekt, das unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht, ist ein sogenanntes Key-Hole-Beet. „Das heißt wegen seiner runden Form so“, verrät Auer. Die Ränder des Gebildes bestehen aus alten Dachziegeln, innen ist es mit Astschnitt und in der Mitte mit Kompost gefüllt. „Da kann sich dann der Kürbis, den wir dort anbauen werden, seine Nährstoffe holen“, erläutert Auer das Prinzip.
Das Geheimnis der Mulchwurst
Weiter geht es zu einem Erd-Kon-Tiki, einer kleinen Grube, in der die für Terra Preta wichtige Pflanzenkohle hergestellt wird. Am Ende der spannenden Führung wartet in der Ecke des Gartens noch ein stattlicher Kompost-Bereich auf uns. Das Futter, Bio-Küchenabfälle aus der Schulmensa, sagt Auer, erhalte sie von der nahe gelegenen Waldorfschule, wo sie Nachhilfeunterricht gibt. Die Abfälle mischt sie mit selbst hergestelltem Bokashi und der aktivierten Holzkohle aus dem Erd-Kon-Tiki sowie Pferdemist von einem Gestüt aus Oberursel. Das Ergebnis ist lockerer Humus, der wunderbar nach Waldboden duftet. Und schließlich erfahren wir noch, was es mit der Mulchwurst auf sich hat: „Die stelle ich aus dem Heu unserer Gartenwiese her“, sagt Auer, packt eine Handvoll davon und rollt es geschickt zu einer Art Bettwurst aus Gras. „Ich sense die Magerwiese zweimal im Jahr und bringe die dort nicht gewünschten Nährstoffe in das Gemüsebeet. Zugleich wird der Boden vor dem Austrocknen geschützt und das wertvolle Bodenleben bleibt erhalten“, beschreibt sie den vielfachen Nutzen der Mulchwurst. Na, da haben wir doch wieder was gelernt!
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