An welchen Orten in Frankfurt wird nachhaltiges Handeln und ein gesellschaftlicher Wandel sichtbar? Das Format Stadtwandeln stellt diese bei seinen Rundgängen unter dem Motto „Tauschen, Teilen, Tomaten“ vor. Nach Bornheim bieten die Organisatoren in diesem Jahr erstmals auch eine Tour durch Bockenheim an.
Ausgangspunkt und erste Station der Bockenheim-Tour war das Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) in der Georg-Voigt-Straße. Karen Schewina und Jörn Klein begrüßten die gut 20 Teilnehmer des von der Frankfurter Transition Town-Initiative und dem Energiereferat der Stadt Frankfurt veranstalteten Stadtwandeln-Rundgangs durch Bockenheim, bei dem der auf Nachhaltigkeit und gesellschaftlichen Mehrwert ausgerichtete Umgang mit Architektur den roten Faden bildete. Dr. Julia Krohmer vom Biodiversität und Klima Forschungszentrum gab einen Einblick in die architektonischen Besonderheiten des in den 1950er Jahren nach Entwürfen von Ferdinand Kramer entstandenen BiK-F-Gebäudes, bei dessen Modernisierung Denkmalschutzaspekte mit modernsten energetischen Standards in Einklang gebracht wurden. In dieser anregenden Umgebung beschäftigen sich die Forscher nicht nur mit den Auswirkungen veränderter Umweltbedingungen auf Organismen und Lebensgemeinschaften, sie tragen auch selbst zur Verbesserung der Umweltbilanz bei. Ein Nutzgarten versorgt die Mitarbeiter mit frischen Kräutern und Gemüse und im naturbelassenen Außenbereich finden die beiden institutseigenen Bienenvölker reichhaltige Nahrung.
Pflanzen sind keine toten Dekoartikel
Von den Forschern führte die Stadtwandeln-Tour weiter zu botanoadopt. Das Kunstprojekt von Haike Rausch und Torsten Grosch hat seit letztem Jahr neben Gießen und Darmstadt eine weitere stationäre Bleibe in der Frankfurter Großen Seestraße gefunden. Mit ihrem „Adoptionsservice“ möchten die beiden Künstler dafür sensibilisieren, dass Pflanzen keine beliebigen Dekoartikel, sondern Lebewesen mit einem eigenen Bewusstsein sind. Rund 800 Zimmerpflanzen haben mit Hilfe von botanoadopt über die Jahre bereits eine neue Bleibe gefunden. Das Verfahren: Entweder gibt man die Pflanzen über eine temporär aufgestellte Pflanzenklappe ab oder bietet sie über botanoadopt zur Adoption an. Wer einer Pflanzenpersönlichkeit ein neues Zuhause bieten möchte, kann im Internet oder jeden ersten Donnerstag im Monat von 18.30 bis 22.00 Uhr im Wohnzimmer-Ladenlokal von Helmut Jodl, Große Seestraße 14, vorbeischauen.
Stadtteilbüro vertritt die Interessen der Bewohner im Quartier
Gut zweieinhalb Stunden dauert eine Stadtwandeln-Tour gewöhnlich. Wenn sich Diskussionen entspannen, auch schon einmal etwas länger. Der Austausch und die Vernetzung zwischen den Teilnehmern ist ausdrücklich erwünscht und Teil des von der Frankfurter Transition Town-Initiative organisierten Angebots. Während man gemeinsam zur nächsten Station schlendert, bietet sich praktisch immer die Gelegenheit, mit anderen Teilnehmern ins Gespräch zu kommen. Viele reizt es, in ihrer Stadt Orte zu entdecken, die abseits der gängigen „Sehenswürdigkeiten“ liegen. So setze auch ich zum ersten Mal den Fuß über die Schwelle des Stadtteilbüros Bockenheim, einer von Bürgern gegründeten Einrichtung, die die Entwicklung des Quartiers nach dem Umzug der Uni nicht allein den Interessen der Investoren überlassen wollte. Inzwischen beschäftigt sich die vom Engagement Ehrenamtlicher und Spenden getragene Einrichtung nicht nur mit der Wohnsituation in Bockenheim, sondern bietet in Zusammenarbeit mit den Teachers on the road Frankfurt beispielsweise auch kostenlose Deutschkurse für Flüchtlinge an.
Kostenlose Beratung vom „Bürger-Ingenieurbüro“
Man möchte eigentlich an allen Orten noch ein wenig verweilen und mit den Akteuren plaudern, aber es warten noch zwei Stationen auf der Bockenheimer Stadtwandeln-Route. Eine davon ist der allen Bürgern der Region offenstehende Energiepunkt. Dabei handelt es sich um einen unabhängigen, vom Land Hessen und der EU geförderten, gemeinnützigen Verein, der Bauherren, Modernisierer und Mieter zum Thema energieeffizientes Bauen und Verbrauchsoptimierung berät – und das kostenlos. Die Einrichtung versteht sich als „Bürger-Ingenieurbüro“, das Laien dabei unterstützen möchte, pragmatische Lösungen zur Umsetzung von baulichen Energiesparmaßnahmen zu finden. Den Abschluss der Stadtwandeln-Tour bildet der Bockenheimer Garten auf dem Kirchplatz mit seiner neuen kommunikativen Sitzgruppe. Christina Preissner, die Ansprechpartnerin für das Projekt, berichtete von der Herausforderung, auf dem rege frequentierten Kirchplatz ein Urban Gardening-Projekt zu etablieren. Die kleine Gärtner-Gruppe würde sich über regelmäßige oder auch sporadische Verstärkung, beispielsweise zum Gießen an heißen Sommertagen, freuen.
Wer nun neugierig geworden ist: Zwei Gelegenheiten zum Stadtwandeln gibt es in diesem Jahr noch. Hier die Termine und die Möglichkeit zum Anmelden.
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