Frankfurt wächst und braucht bezahlbaren Wohnraum, gerade für Familien mit Kindern. Ist es da nicht ein unerhörter Luxus, mehr unbebaute Fläche im Stadtgebiet für Kleingärten, Gemeinschaftsgärten, Interkulturelle Gärten, Mietergärten und alle anderen Formen des städtischen Grüns zu fordern? Beim 7. Frankfurter Familienkongress wurden viele gute Gründe genannt, warum wir uns diesen Luxus dennoch leisten sollten.
Frankfurt hat das Gärtnern neu für sich entdeckt, das belegen diverse in den letzten beiden Jahren entstandene Projekte, Veranstaltungsreihen und Publikationen. Wo aber haben Familien ihren Platz in dieser noch relativ jungen Bewegung? Um diese Frage zu diskutieren, hatte das Frankfurter Bündnis für Familien am 28. November zum 7. Frankfurter Familienkongress ins Haus am Dom eingeladen. Unter dem Motto ‚Gärten für Familien – Frankfurt geht ins Grüne‘ widmete sich der Kongress mit rund 240 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der ganzen Bandbreite möglicher Bezüge von stadtplanerischen Fragestellungen über den sozial-integrativen und gesundheitlichen Nutzen bis hin zur Bedeutung des städtischen Grüns für das ökologische Gleichgewicht der Stadt.
Spannungsverhältnis zwischen freien und bebauten Flächen
Gibt es aktuell so etwas wie eine grüne Aufbruchstimmung in Frankfurt? Die diversen Projekte und Initiativen, die etwa Bildungsdezernentin Sarah Sorge in ihrem Vortrag erwähnte und die zahlreichen lokalen Akteure, die im Foyer mit Informationstischen vertreten waren, legen diesen Schluss nahe. Dass allerdings der von vielen artikulierte Wunsch nach mehr Grün in der Stadt alleine nicht ausreicht, machte der Vortrag von Carmen Dams vom Amt für Grünanlagen, Forsten und Landwirtschaft in Saarbrücken deutlich. Sie schilderte aus Sicht einer Stadtverwaltung das Spannungsverhältnis zwischen häufig architekturbetonter Stadtplanung und einer Freiraumgestaltung, die mehr will, als nur übrig gebliebene Flächen zu begrünen. Das wünscht sich auch die Frankfurter Umweltdezernentin Rosemarie Heilig, die für den Umbau Frankfurts zur ‚Green City‘ eine Planung vom Grün her fordert. Dabei hat Frankfurt als ‚kleine‘ Großstadt mit einer Fläche von gerade einmal 248 Quadratkilometern das Problem, dass der verfügbare Raum ganz besonders hart umkämpft ist.
Natur vor den Toren der Stadt ist manchmal schon zu weit
Nun kann man argumentieren, dass diese Themen einfach gesellschaftliche Relevanz besitzen und nicht unbedingt familienspezifisch sind. Das ist im Prinzip auch richtig. Allerdings wies Dr. Dörte Martens von der Uni Potsdam in ihrem Beitrag zum gesundheitlichen Wert des Stadtgrüns darauf hin, dass gerade Kinder, ältere Menschen und Menschen mit einem Handicap einen geringeren Bewegungsradius haben und daher darauf angewiesen sind, grüne Rückzugsorte in erreichbarer Nähe zu finden. Auch kann sich nicht jede Familie ein Haus mit eigenem Garten leisten. Eine kinderfreundliche Stadt zu sein, bedeutet daher auch, Orte im öffentlichen Raum zu schaffen, an denen Kinder mit der Natur in Berührung kommen – und das nicht unter Laborbedingungen, sondern zum unmittelbaren Anfassen und Erleben.
Gärten sind Orte des gemeinschaftlichen Handelns
Was stellt also die besondere Qualität von Gärten für den Zusammenhalt der Menschen in der Stadt und insbesondere der Familien dar? So vielfältig wie die Gärten und Grünformen in einer Stadt, so vielschichtig dürften die Antworten hierauf ausfallen. Ein gemeinsamer Nenner schien dennoch in den Vorträgen und Gesprächen des Kongresses auf: Gärten sind Orte des gemeinschaftlichen Handelns! Und das ist eine Qualität, die in hohem Maße Zusammenhalt stiftet über Generationen, gesellschaftliche Schichten und weltanschauliche Überzeugungen hinweg. Besonders deutlich wird dies in interkulturellen Gärten, deren Konzept Andrea Baier von der Stiftungsgemeinschaft anstiftung & ertomis vorstellte. Bei der gemeinsamen Pflege des Gartens sowie dem gemeinschaftlichen Ernten, Verarbeiten und Verzehren der Früchte werden viele gesellschaftliche Hürden spielerisch überwunden, eventuell auftretende Konflikte in aller Regel im Dialog gelöst. Für Kinder bieten sich in einem solchen Rahmen viele Möglichkeiten, Natur und soziales Miteinander zu erleben. Oder, wie es einer der Protagonisten im Filmeinspieler des Frankfurter Bündnis für Familien zum Gärtnern in den Wallanlagen formulierte: „Das ist mal was anderes als Nintendo spielen.“
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