Auf einem ehemals verwahrlosten Grundstück direkt am alten Wasserturm nahe der U-Bahnhaltestelle „Am Lindenbaum“ ist im Frühjahr ein neuer Gemeinschaftsgarten entstanden. Unter dem Namen „Tortuga Eschersheim“ kümmern sich rund ein Dutzend Stadtgärtnerinnen und -gärtner um die selbstgebauten Hochbeete. Gemäß ihrem Wahrzeichen, der Schildkröte, spielt das Thema Entschleunigung bei Aktivitäten eine wichtige Rolle.
„Uns liegt das Thema Klimaschutz besonders am Herzen“, sagt Anna Palm, Mitbegründerin des neuen Gemeinschaftsgartens in Eschersheim. Stolz verweist sie darauf, dass man bereits über zwei Tonnen C02 eingespart habe, seitdem der Garten im April an den Start gegangen ist. „Nicht zuletzt der Klimagedanke sorgte dafür, dass wir im Vorfeld das Energiereferat der Stadt Frankfurt für die Idee gewinnen konnten“, ergänzt Kuwe Fritz, Initiator des Projekts. Mit Erfolg, denn seit Anfang 2018 wird Tortuga Eschersheim gemeinsam mit der Klimawerkstatt Ginnheim und dem Gartenprojekt „Heddernheim im Wandel – Starke Nachbarschaften für Klimaschutz und Lebensqualität“ von der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundes gefördert und vom Energiereferat der Stadt unterstützt. Eines der sichtbaren Anschaffungen im Zuge der Förderung ist der mit Strom betriebene Lastenrad-Anhänger „Carla“, der gut sichtbar auf dem rund 100 Quadratmeter großen Grundstück steht. „Damit haben wir zum Beispiel bei einer Spedition die ausgedienten Einwegholzpalletten abgeholt, aus denen die Hochbeete gebaut wurden“, sagt Palm. „Gerade Holz-Recycling spielt neben dem Gärtnern eine wichtige Rolle bei unserem Projekt.“ Auch der Lager-Container auf dem Gelände, in dem unter anderem Werkzeug und die Holzpaletten aufbewahrt werden, stammt aus Mitteln des Förderprogramms.
Gute Nachbarschaft
Das neue Urban Gardening-Projekt in Eschersheim ist Teil der weltweiten Transition-Town-Bewegung, die sich für eine postfossile und lokal geprägte Wirtschaft engagiert, in der auch gute nachbarschaftliche Zusammenarbeit eine wichtige Rolle spielt. „Uns geht es ganz besonders darum, die Menschen aus dem Quartier einzubeziehen, denn das Projekt kann nur dann gelingen, wenn die Nachbarschaft mitmacht“, sagt Fritz, der mit seiner Familie nur ein paar Straßen vom Garten entfernt wohnt. Entsprechend werden regelmäßig Workshops zum Gärtnern, dem Bau von Hochbeeten, aber auch Kochtreffen mit geretteten Lebensmitteln und Samentauschbörsen angeboten. Dabei gehe es immer auch um Entspannung und Entschleunigung, betont Fritz. Sichtbares Zeichen dafür ist eine Holzbank am Garteneingang, die zum Verweilen einlädt. Sie wurde von einem Schreiner, der bei dem Projekt mitmacht, aus einer alten Schranktür und Baumstämmen gezimmert.
An dem Sonntag, an dem wir das Gartenprojekt besuchen, findet gerade das alljährliche „Wasserturmfest“ statt. Die „Tortugas“ haben einen Stand mit Second Hand-Kleidung aufgebaut, denn neben vielen Spielmöglichkeiten für Kinder und Ständen mit Essbarem gibt es auch eine Kleidertauschbörse. „Als wir das Grundstück übernommen haben, war der Ort mehr oder weniger ein Hundeklo“, verdeutlicht Palm. „Jetzt werden wir immer wieder von Fußgängern darauf angesprochen, wie schön der Garten geworden ist. Das macht uns natürlich glücklich, denn der Garten dient so nicht nur dem Klimaschutz, sondern trägt auch zu einem guten nachbarschaftliche Klima bei.“
Unterstützung vom Grünflächenamt
Damit das Gartenprojekt erfolgreich an den Start gehen konnte, hatte auch das Grünflächenamt fleißig mitgeholfen. „Natürlich mussten wir uns vom Amt erst einmal die Genehmigung einholen, dass wir das Gelände umnutzen dürfen“, verrät Fritz, „doch dann haben wir viel Unterstützung bekommen, ohne die der Garten nicht funktionieren würde.“ So ließ das Grünflächenamt nach einem gemeinsamen Besichtigungstermin einen teilweise abgestorbenen Baum fällen, der das Gelände verschattete. Zudem wurden rund sechs Kubikmeter Gartenerde von der RMB für die Hochbeete und ein Wassertank angeliefert, durch den jetzt direkt vor Ort das
Gießwasser für die Pflanzen abgezapft werden kann. „Anfangs haben wir das Wasser in Kanistern von zuhause in den Garten geschleppt. Das war natürlich sehr umständlich und zeitaufwendig“, sagt Palm. Ein wichtiges Ziel von ihr und Fritz ist die Gründung eines Vereins innerhalb der nächsten zwei Jahre. Er soll das zeitlich begrenzte Förderprojekt fortsetzen und verstetigen. „Schließlich steht die Schildkröte ja auch für Langlebigkeit“, bemerkt Fritz lächelnd. Weitere Informationen zu den Aktivitäten von Tortuga Eschersheim gibt es hier.
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