Lebensmittel aus der Region von Erzeugern beziehen, die mehr sind als eine anonyme Lieferquelle, dafür gibt es verschiedene Angebote. Sie reichen vom Einkauf auf dem Erzeugermarkt über den Bezug von Gemüsekisten bis hin zur Mitgliedschaft in einer solidarischen Landwirtschaft. Eine weitere Möglichkeit sind Food Assemblies, von denen es aktuell 15 in Deutschland gibt, weitere 20 befinden sich im Aufbau und werden in den kommenden Monaten starten.
Wie das aus Frankreich kommende Modell der Verbraucher- /Erzeugergemeinschaft funktioniert, haben wir uns in Berlin-Pankow angesehen. Hier bringt Gastgeberin Sandra Maria Kink jeden Donnerstag von 18.00 bis 20.00 Uhr die Mitglieder der von ihr initiierten Food Assembly in der ehemaligen Willner Brauerei zusammen. Während wir noch bei einer kühlen Schorle die entspannte Atmosphäre im Biergarten auf dem Brauereigelände genießen, bauen Kink und die Erzeuger schon einmal die Tische mit den bestellten Waren auf. An diesem Assembly-Tag gibt es Gemüse und Eier, Honig, Brot, Schafskäse und, als etwas exotischere Ergänzungen zu den hiesigen Grundnahrungsmitteln, Olivenöl, Kakao und Matetee aus nachhaltiger Produktion.
Fragen und Rückmeldungen erwünscht
Ab 18.00 Uhr treffen nach und nach die Kunden ein. In Eile ist hier niemand, denn alle haben ihr individuelles Warenpaket schon im Voraus über die Food Assembly-Plattform im Internet bestellt und bezahlt. Das hat für die anwesenden Erzeuger wie Hans-Christoph von Peters Landwirtschaft oder Christof von Kiezhonig den Vorteil, dass wirklich jedes Produkt beim Kunden ankommt, also nichts verderben kann. Für Laufkundschaft hat es den Nachteil, dass es höchstens kleine Proben zur Verkostung gibt. Dafür kann man aber gleich ein paar Worte mit den Produzenten all der guten Dinge wechseln, denn der persönliche Kontakt zu den Anbietern ist ein wichtiges Prinzip der Food Assembly.
Der individuelle Bedarf entscheidet
Praktisch immer mit dabei und sozusagen die gute Seele der Food Assembly in Pankow ist Gastgeberin Sandra: Sie hat im vergangenen Jahr viel Aufbauarbeit geleistet, ist rausgefahren ins Umland, hat sich die Betriebe angesehen und für ihre Food Assembly geworben. Danach hieß es die Werbetrommel rühren und möglichst viele potenzielle Kunden auf das Angebot aufmerksam machen. Inzwischen hat die Food Assembly Pankow rund 600 Mitglieder, von denen rund 30 den Kern der Stammkunden bilden und die anderen das Angebot in wechselnden Abständen nutzen. Denn jeder Kunde entscheidet wöchentlich neu, ob und wieviel er bestellen möchte. Für die erste Saison ist das eine sehr gute Basis, es dürfen aber ruhig noch mehr Mitglieder hinzukommen.
Niedrigschwelliger Einstieg in die Direktvermarktung
Für die Kunden liegt der Vorteil auf der Hand: Sie beziehen frische Lebensmittel von Erzeugerbetrieben aus der Region und leisten so einen Beitrag zu einer kleinteiligen und vielfältigen Landwirtschaft. Dafür müssen sie ein wenig vorausschauend planen, welche Lebensmittel sie für die kommende Woche benötigen. Für Betriebe wie den von Hans-Christoph Peters bedeutet die Plattform die Möglichkeit zur Direktvermarktung der eigenen Produkte bei einem überschaubaren Zeit- und Ressourceneinsatz. Die Preise bestimmt jeder Marktbeschicker selbst. 16,7 Prozent vom Umsatz gehen ab, die Hälfte erhält die Gastgeberin für ihren Betreuungsaufwand, die andere Hälfte bekommt die Organisation zur Bereitstellung der technischen Infrastruktur. Und Sandra? Für sie ist die Entwicklung „ihrer“ Food Assembly vor allem ein Herzensprojekt, das sie mit viel Energie in die erste Saison geführt hat. Dafür ist sie ihrem Ziel, „das Regionale in die Stadt zu bringen“ ein großes Stück näher gekommen.
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