Vor rund zwei Jahren lagen die kleinen unscheinbaren Knollen einmal in der Gemüseauslage meines Biosupermarktes. Während ich noch über den Verwendungszweck rätselte, griff ein anderer Kunde beherzt zu: „Bamberger Hörnle, das ist ganz was Feines.“ Ich lernte, dass es sich um eine alte Kartoffelsorte mit einem ganz eigenen, ausgezeichneten Geschmack handelte. Und er schloss sein Loblied mit der Bemerkung, dass er diese Delikatesse auch selbst in seinem Garten anbaue. Ich habe an diesem Tag keine Bamberger Hörnchen gekauft und bin bis heute nicht in den Genuss gekommen, sie zu probieren. Aber der Name und das Bild haben sich in meinen Kopf festgesetzt. Mittlerweile sind die Hörnchen ein längst nicht mehr geheimer Geheimtipp unter Hobbygärtnern. Dieses Jahr wollten wir es daher wissen und haben eine Ecke im Beet für diese traditionsreiche fränkische Kartoffelsorte reserviert.
Falsch verstandener Sortenschutz
Doch woher die Saatkartoffeln nehmen? Wer sich mit dem Anbau alter Kartoffelsorten befasst, und sei es nur auf dem heimischen Gemüsebeet, der stößt schnell auf die Absurditäten rund um Saatgutverordnungen und Sortenschutz. Wie tief die Bürokratie in unseren Speiseplan eingreift, lässt sich besonders gut am Beispiel der Sorte Linda nachvollziehen. Nach dem Auslaufen des Sortenschutzes zum Jahresende 2004 drohte sie gänzlich vom Markt zu verschwinden. Nur durch den jahrelangen Kampf einer Interessengruppe ist der Anbau und Vertrieb heute wieder erlaubt. Den Bamberger Hörnchen drohte das Verschwinden aus Beeten und Äckern, weil ihre Erträge für die industrielle Landwirtschaft zu niedrig sind. Der Nachbau auf Liebhaberebene hätte wohl kaum ausgereicht, um diese alte Sorte am Leben zu erhalten. Auch hier war es eine eigens zu diesem Zweck gegründete Initiative, die sich bis heute für das Bestehen und den Sortenschutz der Bamberger Hörnle stark macht.
Saatkartoffeln für den Hobbygebrauch
Inzwischen kann man die Bamberger Hörnchen als Saatkartoffeln ganz regulär beispielsweise über erlesene-kartoffeln.de oder biogartenversand.de beziehen. Das macht durchaus Sinn, weil hier besonderer Wert auf gesundes und sortenreines Pflanzgut gelegt wird. Ich bin zwischenzeitlich auf anderem Weg an meine ersten Saatkartoffeln gelangt. Bei einem Gang durch die Frankfurter Kleinmarkthalle habe ich sie entdeckt: Für als Delikatesse gehandelte Speisekartoffeln sahen die Knollen mit ihren ersten grünen und violetten Keimen eigentlich nicht mehr gut aus. Für meine Zwecke kamen sie mir dagegen gerade recht: „Ein Kilo Bamberger Hörnchen bitte – die Triebe können Sie ruhig dranlassen!“
2 Kommentare zu “Subversiv einkaufen in der Kleinmarkthalle”