Verborgen in einer Seitenstraße der Hügelstraße liegt der ChamissoGarten. Mit seiner bunten Blumenpracht und den pittoresken Gemäuern erinnert uns das weitläufige Gelände an einen englischen Garten. Hinter dem Projekt steht eine gemeinnützige Initiative, die Menschen, Honigbienen und Kunst und Kultur zusammenbringen will. Wir sprachen mit Gründerin Ute Posenenske über das besondere Konzept des Gartens und ihre Pläne für die Zukunft.
Frankfurter Beete: Frau Posenenske, was ist das für ein Grundstück, auf dem wir hier stehen?
Posenenske: Es handelt sich um eine alte Gärtnerei, ein rund 2.500 Quadratmeter großes städtisches Gelände, das wir gepachtet haben. Vor vier Jahren suchten die bisherigen Pächter jemanden, der die Gärtnerei weiterführt. Erst wollte ich nicht, da ich sehr glücklich in meinem Beruf als Heilpädagogin war. Gleichzeitig dachte ich jedoch: Wie kann man ein so schönes Grundstück ablehnen? Das ist eine Gelegenheit, die kommt nie wieder! Also habe ich meinen Lehrer-Job aufgegeben und eine gemeinnützige Unternehmergesellschaft gegründet, die jetzt den Garten betreibt.
Frankfurter Beete: Können Sie uns etwas zum Konzept des ChamissoGartens sagen?
Posenenske: Das Projekt steht auf drei Säulen. Die erste ist Kunst und Kultur. Das hat biografische Hintergründe. Ich komme aus einem kunstbewussten Elternhaus, auch meine Tochter studiert Kunst. Ich wollte einen Ort mitten in Frankfurt schaffen, wo sich Künstler ausdrücken können und kleine Konzerte und Ausstellungen stattfinden. Die zweite Säule ist das soziale Miteinander. Hier gärtnern Menschen mit und ohne Behinderung zusammen. Auch geflüchtete Menschen finden hier ein Angebot. Zwei Mal in der Woche kochen wir gemeinsam – das verbindet sehr. Die dritte Säule schließlich ist die Natur, unser aller Lebensgrundlage. Wir gärtnern und imkern biologisch mit einem hohen Anspruch an Nachhaltigkeit.
Frankfurter Beete: Sie setzen sich auch für Menschen mit einer Beeinträchtigung ein. Was bieten Sie diesen an?
Posenenske: Das Thema Inklusion liegt mir ganz besonders am Herzen. Ich habe 20 Jahre an der Michael-Schule, einer Waldorfschule für Förder- und Heilpädagogik in Griesheim mit Kindern mit besonderem Förderbedarf gearbeitet. Dort werden sie sehr gut gefördert, haben es aber im Erwachsenenalter schwer einen inklusiven Arbeitsplatz zu finden. Daher bin ich besonders stolz darauf, dass wir im ChamissoGarten einen entsprechenden Arbeitsplatz geschaffen haben. Außerdem ist das Gelände weitgehend barrierefrei, die Hochbeete sind für Rollstuhlfahrer geeignet, und wir verfügen über eine behindertengerechte Toilette,
Frankfurter Beete: Wer macht sonst noch mit?
Posenenske: Wir sind bunt gemischt. Es gibt einige Menschen mit Migrationshintergrund, die mitarbeiten, auch um Deutsch zu lernen. Unser jüngster Gärtner ist im Kindergartenalter, unser ältester Mitte 70. Was uns noch fehlt, sind die Jugendlichen. Ich wollte eine Imkerei für Kinder und Jugendliche aufbauen, was aber wegen Corona bislang noch nicht möglich war. Da ich einen Lehrauftrag bei der Frankfurt University of Applied Sciences habe, gibt es auch Studierende, die bei uns Projekte durchführen. Zudem gärtnern junge Familien mit.
Frankfurter Beete: Gibt es besondere Herausforderungen, die Sie bewältigen müssen?
Posenenske: Für die Arbeit, die im Garten anfällt, haben sich viele hilfreiche ehrenamtliche Hände gefunden. So haben wir zum Beispiel das Chamisso-Festival auf die Beine gestellt, das noch bis zum 3. Juli hier im Garten stattfindet. Größte Sorgen bereitet uns die Finanzierung unserer Initiative. Die Stadt erhebt eine Pacht, und es ist nötig, eine vollamtliche Stelle zu schaffen. Dafür brauchen wir finanzielle Unterstützung.
Frankfurter Beete: Was bauen Sie hier an?
Posenenske: Beim Gärtnern geht es uns vor allem um die Blüten, denn sie sind die Nahrungsgrundlage der Bienen. Meine ehemalige Schule hat für uns Hochbeete gebaut. Dort bauen wir eine Vielfalt an Gemüse an. Wir haben zudem eine Naschhecke für die Kinder angepflanzt, wo es alle Arten von Beeren gibt, und einen Apothekergarten geschaffen. Zudem gibt es eine Wildfruchthecke, einen Wildstaudengarten und einen bienenfreundlichen Rosengarten sowie Hochbeete für Kinder. Außerdem gibt es eine Kooperation mit der Solawi Luisenhof, die hier eine Verteilstation betreibt.
Frankfurter Beete: Was ist in naher Zukunft geplant?
Posenenske: Wir hätten gerne einen Schleuderraum für den Honig und einen größeren Aufenthaltsraum für Veranstaltungen in der kalten Jahreszeit. Hier könnte auch eine kleine Buchhandlung mit einem Café entstehen. Mit unserem Angestellten Silas Gaub betreibe ich zudem eine kleine Kerzenmanufaktur, deren Produkte vom Reformhaus Andersch verkauft werden. Auch dafür brauchen wir eine Werkstatt.
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