Trägt der Schlehdorn viele Schlehen, steht ein harter Winter bevor, besagt eine alte Bauernregel. Wenn es danach geht, müssen wir uns wohl auf kalte Zeiten einstellen. Denn die Hecken, die wir bei unserem Besuch in der Rhön überall am Wegrand entdeckt haben, leuchteten blau vor lauter Früchten. Wir beschlossen, die reifen Beeren zu ernten, um daraus einen Schlehenlikör herzustellen – eine süß-herbe Versuchung, die gerade an kalten Wintertagen schön wärmt.
Der Schlehdorn wird auch Schlehendorn, Schlehe, Heckendorn oder Schwarzdorn genannt und gehört zur weit verzweigten Familie der Rosengewächse. Der sommergrüne Schlehdorn ist ein Strauch, der bis zu 3 Meter Höhe und ein Alter von 40 Jahren erreichen kann. Die dornenreiche Schlehe bildet oftmals dichte Hecken und fällt im Frühjahr durch ihre weiß leuchtenden Blüten auf, die viel Nektar enthalten und insbesondere Schmetterlingen als wertvolle Nahrungsquelle dienen. Die Blüten erscheinen bereits im März/April, lange bevor die Blätter austreiben. So kann man den Schlehdorn leicht vom Weißdorn unterscheiden, dessen ebenfalls weiße Blüten erst nach den Blättern gebildet werden.
Schlehen einfrieren oder den ersten Frost abwarten?
Im Herbst kann man die kugeligen, dunkelblauen bis schwarzen Früchte ernten, die einen Durchmesser von ca. einem Zentimeter besitzen. Die Kerne enthalten Blausäure und sollten daher nicht mitgegessen werden. Wer die Schlehe direkt vom Strauch genießen möchte, geduldet sich am besten bis nach dem ersten Frost. Denn die Beeren enthalten viele Gerbstoffe, die erst durch die Kälteeinwirkung abgemildert werden. Dann schmeckt die Schlehe angenehm süß. Ob sich dieser Effekt auch durch künstliches Einfrieren einstellt, dazu gibt es geteilte Meinungen. Wir wollten uns die reiche Ernte jedenfalls nicht entgehen lassen und haben die Schlehen zuerst ein paar Tage ins Tiefkühlfach gepackt bevor wir sie weiterverarbeitet haben.
Auch der Schlehdorn ist natürlich eine Heilpflanze. Die Blüten und Blätter besitzen eine harntreibende Wirkung und werden auch als leichtes Abführmittel verwendet. Aus den Beeren kann man Marmelade und Gelee kochen, die bei Appetitlosigkeit helfen sollen. Als Schlehenwein wird die Pflanze in der Volkskunde u.a. zur Blutreinigung, bei Husten und Wassersucht verwendet. Wir haben uns dafür entschieden, einen Schlehenlikör zu machen, denn warum soll Medizin nicht auch lecker schmecken?
Schlehenlikör oder Aufgesetzter
Man nimmt etwa 200-300 g reife Schlehen und 1 Flasche Korn oder Wodka sowie 50-100 g weißen Kandiszucker (je nach gewünschter Süße). Zusätzlich kann der Likör mit Zimt oder einer aufgeschlitzten Vanille-Schote veredelt werden. Zubereitung: Die Schlehen waschen und trocken tupfen. Dann werden sie in große Einweckgläser oder andere Gläser mit Schraubverschluss gefüllt. Kandiszucker und Alkohol hinzugeben und die Gläser gut verschließen. An einem warmen Ort 2 bis 4 Monate (!) ziehen lassen – je länger, desto besser wird das Aroma. Anschließend den Aufgesetzten durch ein feines Sieb oder Tuch filtern und in kleine Flaschen abfüllen. Wir werden wohl bis Weihnachten warten müssen, um den Likör zu probieren. Dann haben wir aber auch gleich ein leckeres Geschenk für Freunde und die Familie.
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2 Kommentare zu “Schlehenlikör: eine süß-herbe Versuchung”