Seit rund einem Jahr betreuen Schülerinnen und Schüler der Albert-Schweitzer-Grundschule ihr eigenes Gartenprojekt am Frankfurter Berg: Gemeinsam mit Stadtteilbotschafterin Karen Schewina ziehen sie auf dem Schulhof fleißig Obst und Gemüse in Pflanzbehältern. Jetzt wurde mit den Kindern ein weiteres Experiment gestartet: Sie lernen, auf Strohballen zu gärtnern. Wir waren natürlich neugierig und haben der Schule einen Besuch abgestattet.
Die Albert-Schweitzer-Schule liegt in unmittelbarer Nähe der grauen Wohnhochhäuser am Frankfurter Berg. Hier erwartet man nicht unbedingt sofort, ein Urban Gardening-Projekt vorzufinden. Auch der Schulhof, den wir betreten, sieht auf den ersten Blick wie jeder andere aus. Doch bei genauerem Hinsehen fallen ein paar Besonderheiten auf: Da wachsen Blumenkohl, Schnittlauch und Ringelblumen in Gabionen, und in einem stattlichen Hochbeet zeigen sich die ersten Zucchinipflänzchen. Ganz in der Nähe machen sich ein paar Schülerinnen und Schüler an einem zirka drei Mal drei Meter großen, mit Holzbrettern eingefassten Beet zu schaffen. Mit einem Gartenschlauch bewässern sie fleißig einige Strohballen, die darin verteilt sind. Daneben steht Karen Schewina und begutachtet die Aktion. Auf unsere Frage, wie das Projekt entstand, erzählt sie: „Da hier Kinder von Bekannten zur Schule gehen, hatte ich mir damals im Rahmen meiner Arbeit als Stadtteilbotschafterin der Stiftung Polytechnische Gesellschaft das Schulgelände angeschaut. Dabei sah ich das Potenzial für ein Gartenprojekt.“
Gärtnern im Unterricht
Mit Potenzial meint Schewina neben dem reichlichen Platz auch den Bürgertreff auf dem Schulgelände. “Hier treffen sich viele Menschen aus dem Quartier, um verschiedene Veranstaltungen zu besuchen. Von dem Gärtchen haben so auch die Eltern und andere Bewohner des Stadtteils etwas.“ Auch Direktorin Monika Lack war mit Schewinas Idee sofort einverstanden. Bepflanzt werden die Gabionen mit den 2. Klassen, die auch das Gießen übernehmen und ihre Erträge ernten dürfen. Zusätzlich kümmern sich die Schülerinnen und Schüler der Umwelt AG ein Mal in der Woche nachmittags um die Gabionen. Außerdem bauen sie derzeit ein Insektenhotel, das im Sommer aufgestellt werden soll. Unterstützung bekam das Projekt auch von Aktiven der Transition Town Initiative in Frankfurt, wo sich die Stadtteilbotschafterin ebenfalls engagiert.
Grüne Stecklinge auf gelbem Stroh
Seit rund zwei Wochen experimentiert die Schülergruppe mit dem Bepflanzen von Strohballen, die eine Lehrerin vom nahen Reiterhof mitgebracht hatte. Die Idee für die ungewöhnliche Bepflanzungstechnik stammt ursprünglich aus den USA. Schewina erläutert uns das Prinzip: „Zunächst werden die Ballen mehrere Tage gewässert und gedüngt. Das ist nötig, damit der Zersetzungsprozess einsetzt, der die noch enthaltenen Nährstoffe freisetzt. Da wir Nahrungsmittel anbauen, verwenden wir natürlich nur Öko-Dünger.“ Dann wurden Löcher in das Stroh gebohrt und diese mit reiner Aussaaterde gefüllt, damit später kein Unkraut gejätet werden muss. Erst dann wird der Steckling gesetzt. „Es piekst ein bisschen beim Pflanzen“, sagt sie. „Aber das gehört einfach dazu. Durch den Zersetzungsprozess im Stroh wird die Erde erwärmt. Das beschleunigt das Wachstum der jungen Pflänzchen und versorgt sie mit Nährstoffen.“ Ein weiterer Vorteil dieser Art des Gärtnerns sei, dass man die Strohhalme am Ende der Saison einfach auf den Kompost werfen könne, wo sie gut verrotten, ergänzt Schewina.
Strohballen-Gärtnern geht auf jedem Untergrund
Das Strohballen-Gärtnern ist für Urban Gardening perfekt, denn es lässt sich auf fast jedem Untergrund durchführen, sowohl auf dem Balkon, als auch auf dem Straßenpflaster. „Wichtig ist nur viel Sonne und das regelmäßige Bewässern, da das Stroh schnell austrocknet“, sagt die Stadtteilbotschafterin. Zunächst will die Schülertruppe in dem Beet Mais, Bohnen und Tomaten ziehen, also nur einjährigen Pflanzen, da das Stroh im Winter kompostiert werden soll. Zum besseren Ranken der Stecklinge haben sie eigens Weidenruten in die Ballen gesteckt. „Ich bin froh, dass unser Garten offensichtlich allen so gefällt, dass wir nie etwas Beschädigtes vorfinden“, sagt Schewina. Wir drücken die Daumen, dass dies auch so bleibt und radeln um einige Erkenntnisse reicher wieder Richtung Innenstadt.
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